- Whigs
- Whigs1) in England/Großbritannien vom Ende des 17. Jahrhunderts an die den Tories gegenüberstehende Parlamentsgruppe. Whigs war ursprünglich eine Bezeichnung für Viehdiebe, die in der Puritan. Revolution auf die radikalen schottischen Presbyterianer und ab 1679 im Kampf um die katholische Thronfolge auf die Gegner Jakobs II. übertragen wurde. Während der Glorreichen Revolution 1688/89 standen die Whigs für das Widerstandsrecht gegen den monarch. Absolutismus ein. Nach der Thronbesteigung des Hauses Hannover 1714 stellten sie fast 50 Jahre lang den Premierminister. In der Regierungszeit Georgs III. verschob sich das Gefüge der Parlamentsgruppen, ihr Einfluss nahm ab. Eine Polarisierung der Meinungen setzte erst wieder nach 1784 ein; den reorganisierten Tories unter W. Pitt dem Jüngeren standen die Whigs unter C. J. Fox als Interessenvertreter der religiösen Dissenters, der Industriellen und der gesellschaftlichen Reformer gegenüber.Die kontroverse Diskussion über die Haltung zur Französischen Revolution spaltete die Whigs in eine eher konservative Gruppe um E. Burke, die sich den Tories anschloss, und eine gemäßigtere liberale Gruppe um Fox, die erst 1830 wieder an die Macht kam. Diese setzte 1832 die erste Reform Bill (Wahlrechtsreform) durch und wurde zur modernen Liberal Party.2) Whig Party, Partei in den USA, die sich um 1832 (offiziell 1834) aus Gegnern des demokratischen Präsidenten A. Jackson bildete, dem sie »exekutive Tyrannei« vorwarfen. Die Whigs setzten sich aus sehr unterschiedlichen Gruppen zusammen: aus National Republicans unter Führung von H. Clay und J. Q. Adams, die für eine nationale Entwicklungspolitik (American system) und den Ausbau der nationalen Integration eintraten, Anhängern der States' Rights (J. C. Calhoun), Gegnern von Jacksons Bankpolitik (D. Webster), nach 1835 auch Mitglied der sich auflösenden Anti-Masonic Party (Antifreimaurerpartei). Obwohl sich in der Politik der Partei, die kein eigenes Programm entwickelte, unverkennbar Interessen der Wirtschafts- und Bildungselite spiegelten, lassen sich - entgegen der Meinung der älteren Forschung - keine Klassengegensätze zwischen Demokraten und Whigs ausmachen. Uneinigkeit der Führung und Differenzen zwischen nord- und südstaatlichem Flügel sowie zwischen Gegnern (Conscience Whigs) und Befürwortern der Sklaverei (Cotton Whigs) erschwerten in entscheidenden Fragen (z. B. Entwicklungspolitik, Mexikanischer Krieg, Kompromiss von 1850) eine geschlossene Parteilinie. Obwohl die Whigs 1841-45 (W. Harrison, J. Tyler) und 1849-53 (Z. Taylor, M. Fillmore) den Präsidenten stellten, konnte sich die Partei nicht festigen. Nach der Niederlage bei den Präsidentschaftswahlen 1852 zerfiel sie im Zuge des sich verschärfenden Konflikts zwischen Nord- und Südstaaten. Im Norden schlossen sich die meisten Whigs der neuen Republikanischen Partei an, im Süden vorwiegend den Demokraten; letzte verbleibende Whigs wurden Anhänger der Partei der Know-Nothings.T. H. O'Connor: Lords of the loom. The Cotton W. and the coming of the Civil War (ebd. 1968);G. G. van Deusen in: History of U. S. political parties, hg. v. A. M. Schlesinger, Bd. 1 (ebd. 1973);T. Brown: Politics and statesmanship. Essays on the American Whig Party (New York 1985).
Universal-Lexikon. 2012.